Nächtliche Begegnung 

Bei der folgenden Arbeit setzte ich drei Begriffe - Tier, Auto, Nacht - zueinander in Beziehung.

Sie begegnen sich in der Gleichzeitigkeit, bilden einen gemeinsamen Punkt, einen Augenblick.

Eine lineare Geschichte zeichnet sich ab, welche aber durch eine subjektive Wahrnehmung gedehnt, gerafft und zerstückelt wird. Objektive Messbarkeit trifft auf subjektive Verzerrung. Innere und äussere Wahrnehumung verschmelzen. Zeit läuft nicht nur linear, sondern Zeiten laufen parallel, überlagern und durchdringen sich, Zeit nimmt schliesslich Form in ihrer Umkehrung.

Ein einzelnes Ereignis wird durch verschiedene Zeiten „dekliniert“......

  • Drei Begriffe in der Gleichzeitigkeit: Auto, Nacht, Tier
  • Strassenkadaver
  • Strassenkadaver
  • Fahrt hinter Glas
  • Fahrt hinter Glas (Ausschnitt)
  • Fahrt hinter Glas (Ausschnitt)
  • Fahrt hinter Glas (Ausschnitt)
  • Zwei Nächte ist die Weiterführung von Fahrt hinter Glas.
  • Zwei Nächte
  • Erinnerung
  • ...Zeit der Umkehrung

....die Frage nach der Zeit

Was ist Zeit, oder wovon sprechen wir, wenn wir sagen, „die Zeit vergeht“, „die Zeit dreht immer schneller“, „die Zeit steht still“ oder „die Zeiten ändern sich“? 

Wer läuft immer schneller oder steht still? Wer oder was ändert sich?

In der Umgangssprache behandeln wir die Zeit als Substantiv, als ein Ding, welches selbst aktiv ist und sich sogar unterschiedlich verhalten kann, indem es mal schneller, mal langsamer geht, sich ändert oder uns wie ein Hund auch mal davonläuft.

In der Umgangssprache kommt auch zum Ausdruck, dass wir, nebst der Tatsache, dass wir Zeit wie ein real existierendes Etwas behandeln, die Wichtigkeit des jeweiligen Standpunktes übersehen: Wenn wir sagen, „die Zeit im Altersheim steht still“, ist es nicht die Zeit, die still steht, sondern es sind die Menschen und Dinge, die in der Zeit stehen, die sich nicht mehr zu bewegen scheinen.

Oder: Schauen wir aus dem Zugfenster, so denken wir nicht, dass die Landschaft an uns vorbeifährt, sondern wissen, dass wir es sind, die uns mit dem Zug durch die Landschaft bewegen. Ist es also die Zeit, die an uns „vorbeifährt“ oder sind wir es, die uns auf dem ewigen Zeitstrom vorwärtsbewegen?

Weiter wäre die Frage nach der Eigenart dieses Zeitstroms, dieser Geraden, durch welche wir uns Zeit immer wieder verbildlichen, ja überhaupt erst vorstellig machen können: Ist diese Zeitgerade unabhängig vom Individuum vorhanden? Vergleichbar mit einer Musikpartitur, welche bereits geschrieben wurde und nun von uns als Interpreten zu einem jeweiligen Zeitpunkt gespielt wird? Oder existiert diese Gerade noch nicht, entsteht also erst im Moment wo wir sie spielen, wird und bekommt Form erst durch uns?

Anders ausgedrückt: Ist Zeit etwas, was unabhängig vom menschlichen Bewusstsein existiert, das heisst, ist es eine äussere, vorgegebene und objektive Struktur oder ist es eine im Geist situierte, subjektiv wahrgenommene Struktur? 

In unserem Alltag wird Zeit oft einer einzigen, homogenen, der sogenannten Linearzeit gleichgesetzt. Der französische Philosoph Henri Bergson unterstreicht die Nützlichkeit dieser Linearzeit, verweist aber deutlich auf deren Reduziertheit:

„Die homogenen Zeitmodelle, die in Wissenschaft und Alltag kursieren, besitzen aufgrund ihrer Objektivierbarkeit und Kalkulierbarkeit einen nicht zu unterschätzenden, praktischen Wert. Sie ist zwar „nur eine ungeschickte Nachahmung, eine Nachäffung der wirklichen Bewegung (der Dauer – K.V.) aber  diese Nachahmung ist uns im praktischen Leben nützlicher als es die Intuition der Sache selber wäre.“  

„Andererseits verstellen gerade Nützlichkeit und Popularität des homogenen Modells den Blick auf das Wesen der Zeit und führen zur Verdrängung der subjektiv-authentischen Temporalitätserfahrung.“ 

Bergson unterscheidet die objektive Linearzeit von einer subjektiv erlebten Zeit. Ist die eine klar messbar, so dehnt und rafft sich die andere je nach Situation und Wahrnehmung in unterschiedliche Längen und Kürzen. Die subjektive Zeit umfasst die individuell erlebte Dauer eines Ereignisses. Sie ist im Gegensatz zur äusseren Linearzeit eine innere Zeit, welche eng an ein subjektives Wahrnehmen gebunden ist. 

In der Wissenschaft sind spätestens seit der Relativitätstheorie Einsteins Anfang des 20.Jahrhunderts Zeit und Raum nicht mehr nur eindeutig objektive Grössen, sondern hängen in ihrer Ausdehnung und Messbarkeit stark vom jeweiligen Bezugssystem ab. Die „Weltschachtel“ Isaak Newtons, in welcher eine einzige Uhr in einem klar definierbaren Raum, in einem gleichmässigen Rhythmus tickt, ist wissenschaftlich deutlich widerlegt, prägt aber unser alltägliches Verständnis von Raum und Zeit nach wie vor.

Mich über längere Zeit mit dem Phänomen Zeit theoretisch wie auch plastisch auseinandersetzend, entstanden schliesslich die Arbeiten „Begegnung IN der Zeit“ und „Begegnung MIT der Zeit“.